Fritz Falkenstein war vom 12.11.1938 bis 12. April 1939 im KZ Buchenwald, später KZ Lublin-Majdanek, dort 31. Juli 1942 umgekommen (Häftl. Nr. 10179).
Walter C. Frank, Sohn des aus Bebra stammenden Dr. med. Willy Fackenheim, schildert in seinem 1995 in San Francisco erschienenen Buch „People, Events, Stories. A Personal History 1920-1947“ seine Erlebnisse im Konzentrationslager Buchenwald, in das er am 11. November 1938 zusammen mit seinem Vater von Wiesbaden aus gezwungen wurde. Am 12. April 1939, fünf Monate nach seiner Einlieferung, wurde Walter (Fackenheim) Frank aus dem Konzentrationslager Buchenwald entlassen, zusammen mit 143 anderen jüdischen Gefangenen darunter auch die Rotenburger Fritz Falkenstein und Julius Gans, sodass die folgende Schilderung auch auf ihn zutrifft. Ebenso gilt dies für den Rotenburger Kurt Meyer, geb. am 22.04.1903, bis zu seiner KZ-Haft im Haus Brotgasse 32 ansässig.
Walter Frank (1995): „Am Nachmittag (des 12. April 1939, H.N.) gegen 3 Uhr wurden wir in Busse verladen und unter Auflagen in die Freiheit befördert. Unter Auflagen ist so zu verstehen, dass ein einziger Fehltritt, ein falsches Wort, eine Meinungsänderung bei dem einen oder anderen Aufseher vielleicht genügt hätte, um wieder in Gefangenschaft zu geraten. Die Busse brachten uns zum Hintereingang des Weimarer Bahnhofs, außer Sichtweite der allgemeinen Öffentlichkeit. Wir sahen zum Fürchten aus mit unseren kahl geschorenen Köpfen und bleichen Gesichtern, in unserer zerknitterten Kleidung und den dreckigen, zerrissenen Schuhen.
Als wir in einem kleinen Vorraum herumschlurften, erschien ein Bahnpolizist. Fünf Monate Lagerbehandlung ließen uns reflexartig stramm stehen und unsere Hüte und Mützen ziehen. Schließlich stand ein Uniformierter mit einer Pistole an seinem Gürtel vor uns. Er lächelte und sagte: „Meine Herren, Sie sind nicht mehr ‚da oben’. Setzen Sie Ihre Hüte wieder auf und entspannen Sie sich. Ich gehöre zur Bahnpolizei und Sie sind jetzt in unserer Obhut. Wir haben die jüdische Gemeinde in Weimar benachrichtigt und die wird in wenigen Minuten mit Kaffee und Kuchen hier sein. In der Zwischenzeit werden wir sicherstellen, dass Sie gute Zugverbindungen nach ihren Heimatstädten bekommen. Und noch eines, Ihnen wurde ‚da oben’ gesagt, Sie dürften keine Speisesäle betreten oder Schnellzüge benutzen. Wir von der Bahnpolizei sind jetzt für Sie verantwortlich und wenn wir der Auffassung sind, Sie sollten einen Schnellzug oder irgendeine andere Einrichtung in Anspruch nehmen, dann entscheiden wir das und das geht die überhaupt nichts an. Lassen Sie mich bitte wissen, ob wir irgendetwas für Sie tun können.“
Für einen Moment waren wir völlig sprachlos. Über einen langen Zeitraum hatte niemand mit uns auf humane Weise geredet. Einige Männer fingen an zu weinen. (Während ich dies 40 Jahre danach niederschreibe, stehen mir die Tränen in den Augen.) Wir erwarteten, dass ein Blitzschlag diesen Mann niederstrecken würde, dass er so absolut ungeheuerliche, geradezu verräterische Worte äußerte. Wenn sich der Boden unter ihm geöffnet und ihn verschluckt hätte, wir wären nicht überrascht gewesen. Er wurde jedoch nicht niedergestreckt, er wurde nicht vom Boden verschluckt und was noch wichtiger war, er wurde nicht von der Gestapo abgeführt.“
Walter C. Frank, geb. 1920, ein Sohn des aus Bebra stammenden Arztes Dr. Willy Fackenheim, gehörte wie die Rotenburger Fritz Falkenstein, Julius Gans und Kurt Meyer zu den ins Konzentrationslager Buchenwald Verschleppten, die erst am 12. April 1939 entlassen wurden.