Ein damaliges Nachbarskind, das oft im Haus
Rothschild, Marktplatz 9, verkehrte und
gelegentlich am Schabbat auch kleine Dienste
verrichtete:
"Ich habe die Kristallnacht und das, was
danach erfolgt ist, voll erlebt. Rothschilds
haben sich aus den Betten geflüchtet und
sind in den Garten, wo heute die Frau
Greiling reingebaut hat. Hinten hatten sie ein
Gartenhäuschen. Da haben die so laut
gebetet - das war so schlimm. Es war ein
Gottessegen, dass sie aus den Betten sind.
Sie hatten dicke Wackersteine in den Betten
- das hat der Herr Rothschild meinen Eltern
erzählt. Und dann kam dann die ganze
Sache, wo sie alles rausgeschmissen haben.
Da waren Rothschilds schon nicht mehr da.
Die ganzen Sachen, alles raus. Und dann
muss ich dazu noch was sagen. Die
Rothschilds sind dann zurückgekommen,
weil es hieß, sie sollten ihre Sachen aus dem
Marstall wieder holen. Die ganzen Sachen
sind in den Marstall gebracht worden, und
da sollen sie sie wieder holen. Und das kann
ich beschwören, das sehe ich wie heute
noch: Meine Mutter ist mit der Frau
Rothschild hin in den Marstall, mit einem
großen Wäschekorb. Da war weiter nichts
drin als wie 'ne alte Federdecke und die
Gebetbücher. Alles andere, was in dem
großen Haus war, an Silber und allem - das
war nun alles weg. Die Gebetbücher und 'ne
alte Federdecke, das war alles, was noch da
war. (...) Die Rothschilds, das waren sehr
reiche Juden, da ist weiter nichts übrig
geblieben - das wissen alle am Marktplatz -
als wie 'ne alte Federdecke und alte
Gebetbücher. Sonst war nichts mehr da."
Marktplatz 9, Domizil der Rothschilds seit den 1880er
Jahren, als Isaak Rothschild von Weiterode mit seiner
Familie nach Rotenburg kam.