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© Hassia Judaica

Die am 7. Juni 1902 in Heinebach geborene Jenny Katz ist die Großmutter des amerikanischen CNBC-Fernsehjournalisten Steve North, der im Januar 1998 in der deutschsprachigen jüdischen Wochenzeitung  Aufbau  Oma Jennys 85. Geburtstag schildert.
Jenny Katz’ 1891 geborene Schwester Frieda hatte David Neuhaus aus Baumbach, Alheimerstraße 11, geheiratet. 
Steve North’ Großvater war der Sohn der aus Baumbach stammenden Betti Rosenbaum. Steve North zitiert seine Großmutter während der Autofahrt durch Manhattan in einer großen Limousine: „Wenn man meinen Eltern am 7. Juni 1902 gesagt hätte, dass 85 Jahre später das kleine neugeborene Heinebacher Baby in einem Fahrzeug wie diesem mitten in New York City sitzen würde, hätten sie bestimmt erwidert: Ihr seid meschugge.“
Steve North erinnert sich an die Schilderung  eines Besuchs seiner Großmutter in einer nahe gelegenen hessischen Kleinstadt, wo sie gemeinsam mit einer Freundin ein antisemitisches Plakat abriss. Später musste sie allerdings zu ihrem Leidwesen wahrnehmen, dass solche Plakate überall in der Stadt geklebt waren. In dem Büro, in dem sie vor ihrer Verheiratung (1927) arbeitete, behauptete sie sich gegenüber einem Anhänger der NSDAP, der ihr Schwierigkeiten machte und sie vor allem daran hindern wollte, jeweils am Freitag ihren Arbeitsplatz vor Beendigung ihrer Dienstzeit zu verlassen, damit sie noch rechtzeitig zur Sabbatfeier nach Hause kommen konnte.
In den Jahren 1933/34 lebte Jenny Katz-Bachenheimer, die nach ihrer Verheiratung mit Siegfried Bachenheimer in Kirchhain gewohnt hatte, zusammen mit Ehemann und Tochter für einige Zeit bei ihrem Onkel in ihrem Geburtshaus in Heinebach (Haus Katz in der Nürnberger Straße, die damalige Hausnummer war 51½).
Jennys Ehemann Siegfried Bachenheimer – so berichtete Jenny ihrem Enkel Steve North - habe sich an einem bestimmten Tag den Nachstellungen durch fanatisierte Nazis nur durch die Flucht auf seinem Motorrad entziehen können.
Weitere Schilderungen der Großmutter von Steve North betrafen Verwüstungen ihres Elternhauses durch SA-Leute und Zertrümmerungen der Fensterscheiben durch Hitlerjungen. Bei einer dieser Gewaltaktionen habe sie am Fenster gestanden und die Übeltäter laut beschimpft, während ihr Mann sie bedrängte, von ihrem Tun abzulassen und sich in Sicherheit zu begeben.
Von einem ganz besonderen Beweis ihrer Tapferkeit in der Nazizeit – so Steve North – habe ihm die Großmutter jedoch nicht berichtet, davon habe er erst  bei einem Besuch in Israel bei einem Cousin des Großvaters, der auch aus Heinebach stammte, erfahren. Eines Nachts nämlich habe Jenny sich ganz besonders auf die „Besuche“ der Hitlerjungen vorbereitet. Als diese abermals damit begannen, das Haus mit Steinen zu bombardieren, habe sie aus dem Obergeschoss den randvollen Nachttopf auf dem Haupt eines der Hitlerjungen entleert. Diese Aktion sei für eine Weile das wichtigste Dorfgespräch gewesen.
Nach ihrer Ausreise in die USA waren Jenny Katz-Bachenheimer und ihre Verwandtschaft am Aufbau der ersten Synagogengemeinde beteiligt, zu der sich deutsch-jüdische Flüchtlinge zusammenfanden. In New York lebte Jenny viele Jahre im Stadtteil Washington Heights, einem Zentrum jüdischer Bewohner. Hier leben auch heute noch einige der aus Heinebach und Baumbach geflüchteten Juden und ihre Nachkommen.
Vor der Verzweiflung über die Vernichtung der vielen Freunde und Verwandten durch den Holocaust und die vielen persönlichen Schicksalsschläge habe „Oma Jenny“ ihr tiefer Glaube bewahrt – so Enkelsohn Steve North. Ihr Judentum habe ihre ganze Person erfasst und definiert. Ihre tiefe Frömmigkeit sei vor allem in ihrem Einsatz für wohltätige Organisationen und hilfsbedürftige Menschen sichtbar geworden, beispielsweise nähte sie bis in ihr hohes Alter Stoffpuppen für geistig behinderte Kinder. Enkel Steve North zusammenfassend: „Sie hatte ein großes Herz voll unendlicher Liebe.“


  

Erinnerungen von Jenny Katz-Bachenheimer:
Klick: Synagoge in Washington Heights