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© Hassia Judaica
Im Januar begann ich mit der Schule. Die Elementarschule war in Wertsville, New Jersey. Sie war keine einklassige Schule, sondern hatte zwei Klassenräume. Die jüngeren Schüler wurden im Erdgeschoss unterrichtet, die älteren mussten über ein Treppenhaus zum Ort ihres Unterrichts steigen. Ich war der einzige in der ganzen Schule, der kein Englisch konnte, und es gab dort keine müde Seele, die deutsch sprach. Da ich so extrem in der Minderheit war, blieb mir nichts anderes übrig, als auf die Schnelle Englisch zu lernen. Während der ersten Tage muss ich meinen Klassenkameraden ziemlich blöd vorgekommen sein, weil ich alles abschrieb, was die Lehrerin an die Tafel schrieb. Ich hatte nicht die geringste Ahnung von dem, was ich schrieb. Nach einigen Tagen wurden einige der Wörter, die ich von Onkel Louis gelernt hatte, wieder lebendig. Schon bald war ich in der Lage, mich etwas mit den anderen Kindern zu unterhalten.
Um in die Schule zu kommen, hatte ich einen zehnminütigen Fußweg zu einem Platz, wo mich ein Pferdefuhrwerk aufnahm, das mich zusammen mit zirka zehn anderen Kindern zur Schule fuhr. Wenn im Winter tiefer Schnee lag, wurde das Fuhrwerk durch einen großen Schlitten mit Glocken ersetzt. Es machte großen Spaß, auf diese Art und Weise zur Schule zu fahren und dabei „Jingle Bells“ zu singen. Ein nicht so angenehmes Fahrerlebnis hatte ich während eines schweren Gewitters. Ein Blitz schlug in einen Baum in der Nähe ein, und die Pferde wollten fast nicht mehr gehorchen. Zum Glück wurde keiner von uns verletzt.
Ich erinnere mich, dass wir im Frühjahr mit meiner Schule ein Fest auf den Flemington Fairgrounds besuchten. Obwohl ich nicht alles verstand, was dort ablief, blieb ich an einem Verkaufsstand hängen, wo Speiseeis verkauft wurde. Da ich etwas Geld zum Ausgeben bekommen hatte, ging ich dichter heran und hörte, wie einige Kunden Erdbeereis bestellten. Ich wusste nicht, was Erdbeeren waren, aber ich dachte mir, wenn es gut für die ist, dann ist es auch gut genug für mich. Ich hatte ungefähr drei Portionen, und auf diese Weise wurde ich süchtig nach Erdbeereis.
Eine andere Liebesgeschichte hatte ihre Blütezeit in jenen frühen Tagen in New Jersey. Die Onkel waren Abonnenten sowohl der Daily News aus New York wie des Philadelphia Inquirer. Auf den letzten Seiten der News war der Sportteil. Außer auf die Comics wie „Dick Tracy“, „Little Orphan Annie“ und „Terry and the Pirates“ wurde mein Interesse unbewusst auf die Baseballgeschichten gelenkt. Ohne erklärbaren Grund begann ich damit, das Schicksal der New York Giants zu verfolgen. Bevor ich die Onkel in Richtung New York verließ, hatte ich eine ziemlich gute Vorstellung davon, wer Carl Hubbel, Mel Ott und Bill Terry waren. Diese Liebesgeschichte mit den New York Giants dauerte viele Jahre. Als Horace Stoneham, der Besitzer, sich entschloss, die Mannschaft in San Francisco anzusiedeln, erlitt mein Baseballinteresse und meine loyale Unterstützung einen tiefen Absturz.
Zurückblickend glaube ich, dass mir der Aufenthalt in New Jersey viel besser gefallen hat als den anderen Mitgliedern der Familie. Ich ging zur Schule, schloss Freundschaften und lernte eine neue Sprache und eine neue Kultur kennen. Ich interessierte mich für das, was um mich herum passierte. Nach einem holprigen Start verbesserte ich mich in der Schule ganz erheblich.


  
Beim Schulausflug zum Volksfest auf den Flemington Fairgrounds entdeckte Isfried Neuhaus seine Leidenschaft für Erdbeereis.
Schulgebäude der Elementarschule des Schulbezirks Hunderton-East Amwell (Foto ca. 2005)