Zum Dorfplan
© Hassia Judaica
Ein paar Tage nach meiner Ankunft trat Onkel Louis mit einer Grammatik und einem Wörterbuch zum Englischlernen an mich heran. Man sagte mir, dass dieser Onkel schon immer Lehrer werden wollte. Er betrachtete es deshalb als seine Aufgabe, mich in meine neue Sprache einzuführen. Weil wir damals im Haus untereinander nur deutsch sprachen, machte es keinen großen Sinn, was er mich lehrte, es war aber dennoch sehr hilfreich, als ich mit der Schule begann. Zu ihrem großen Verdruss entdeckten die Onkel, dass ich nicht allzu sattelfest im Einmaleins war. In einer damaligen deutsch-jüdischen Familie war das eine unverzeihliche Sünde. Die ganze Familie war daran beteiligt, mir in diesem Fach einen Schnellkurs zu geben. Glaubt mir, als ich im Januar mit der Schule begann, kannte ich das Einmaleins von 1 bis 12 im Schlaf (natürlich auf deutsch).
Anfang 1934 erfuhr meine Familie großen Zuwachs mit der plötzlichen Ankunft meiner Großeltern Baruch und Sarah Katz, meiner Tante und meines Onkels Jenny und Siegfried Bachenheimer und meiner knapp 5-jährigen Cousine Bunny, die damals noch Brunhilde hieß.

  
Siegfried u. Jenny Bachenheimer geb. Katz mit Tochter Brunhilde/ Bunny in ihrer Wohnung in Kirchhain im Jahr 1930. Jenny war die 1902 geborene Schwester von Frieda Katz-Neuhaus.