Samuel Spiro in
seinen
"Jugenderinnerungen
aus hessischen
Judengemeinden":
Markus Horovitz war ab 1878
Rabbiner der orthodoxen Gruppe der
Frankfurter Einheitsgemeinde, die
von den Frankfurter Neo-Orthodoxen,
deren Hochschule Salomon Spiro
besuchte, heftig bekämpft wurde.
Nach Anstellung eines orthodoxen
Rabbiners und Errichtung einer
neuen, dem orthodoxen Ritus
folgenden Synagoge (am Börneplatz)
blieb ein Teil der Frankfurter
orthodoxen Juden in der
Einheitsgemeinde und trat nicht der
Israelitischen Religionsgesellschaft
bei.
(unten) Die 1882 errichtete
(orthodoxe) Synagoge am Börneplatz
(im November 1938 zerstört und
niedergebrannt)
"Ich hatte Gelegenheit, den religiösen Hochmut und
den persönlichen Dünkel der Führer der Frankfurter
Austrittsorthodoxie kennenzulernen. Sie waren
orthodox, aber nicht fromm. Zur Frömmigkeit
gehört Nächstenliebe, und von Nächstenliebe war
bei ihnen nichts zu spüren. Darin hatten sie ein
gutes Vorbild in ihrem Herrn und Meister, dem
Rabbiner Breuer. Sein Haß gegen alles und alle,
die nicht zur Austrittsorthodoxie gehörten, war
grenzenlos. Besonders groß war sein Haß gegen
den ebenfalls gesetzestreuen Rabbiner der großen
jüdischen Gemeinde in Frankfurt, den bedeutenden,
gelehrten, toleranten Dr. Horovitz, der in weiten
Kreisen des deutschen Judentums höchste
Verehrung genoß. Sein Name durfte nicht in
Breuers Gegenwart genannt werden. Wie weit sich
der Haß gegen die freiere Richtung der Frankfurter
Gemeinde verstieg, erhellt am besten die Tatsache,
daß der Nachfolger Breuers sich weigerte, an der
Beerdigung des Rabbiners Horovitz teilzunehmen,
eine Haltung, die ihm allerdings auch von einem Teil
seiner Anhänger verübelt wurde. Zweifellos war
Breuer ein bedeutender Talmudgelehrter, aber diese
Gelehrsamkeit war verbunden mit einer Starrheit,
mit einem Mangel an Verständnis für die junge
Generation, daß sich diese nur mit Zittern und
Furcht dem Gebieter näherte, soweit diesem Manne
gegenüber sich das Wort „sich nähern" überhaupt
anwenden läßt."