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Projekt Fred Speier
  
Reichspogromnacht

Aber auch die Eltern hatten die erforderlichen Auswanderungsanträge schon bestätigt bekommen und ihren Abreisetermin festgelegt. Da näherte sich die Reichspogromnacht. Mit ihrem Mieter, dem SS-Mann K., hatten Speiers immer ein gutes Verhältnis. Er warnte Sally Speier schon Anfang November vor geplanten Ausschreitungen gegen Juden im Umkreis. Er empfahl ihm zu verreisen. Sally Speier besuchte daraufhin seine Schwester in Kassel, in der Annahme in der Anonymität einer Großstadt besser untertauchen zu können. Was beide, der SS- Mann und Sally Speier nicht ahnten, in Kassel hatten die Nazis den Pogrom gegen die Juden bereits zum  7. November 1938 gestartet, nicht erst in der Nacht vom 9. zum 10. November nach dem Ableben des Botschaftssekretärs vom Rath. Ohne Protest aus der Bevölkerung zerstörten die Randalierer jüdische Geschäfte und Wohnungen und richteten in der Stadt ein großes Chaos an. Einige hundert männliche Juden aus Kassel und Umgebung wurden verhaftet. Auch Sally Speier war dabei.


Ein alter Kriegskamerad hilft

Im Gefängnis erkannte ihn ein ehemaliger Kriegskamerad aus dem Ersten Weltkrieg, der zum Bewachungspersonal gehörte. Die beiden konnten sich verständigen, und da Sally Speier bereits seine Auswanderung zum 1. Dezember 1938 gebucht hatte, wurde er mit Befürwortung des Wachmanns nach drei Tagen entlassen. Die Deportation von Kassel ins Konzentrationslager Buchenwald blieb ihm erspart.
Ende des Monats verließen Sally und Bernhardine Speier Niederaula. Hab und Gut waren verkauft und die Schiffskarten bezahlt. Am 29.11.1938 meldeten sie sich mit einer Postkarte von Hamburg aus zum 1. 12. 1938 in Niederaula ab.