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Hannelore Hahn über ihre Großmutter Luise Brach geb. xyz:
"Für Oma Luise waren die Hausangestellten kein
Statussymbol, sondern eine unverzichtbare Hilfe
bei der Instandhaltung des Eigentums mit einem
Optimum an Perfektion. Oma Luise konnte alle
anfallenden Arbeiten auch selber erledigen. Sie
konnte genauso gut kochen, backen, putzen
und polieren wie jeder einzelne ihrer
Dienerschaft. Das machte sie zu einer
hervorragenden Aufpasserin, die ihre Position
mit einer Effizienz ausfüllte, als ob sie den
Fahrplan eines Bahnhofs zu organisieren hätte.
Wenn im zweiten Stock Opa Brach die volle
Verantwortung für das Geschäft trug, so war
Oma Brach im ersten Stock für alles andere
verantwortlich, eingeschlossen war das
Wohlbefinden ihres Ehemannes, dem Oberhaupt
des Staates. Oma Luise war groß und schlank,
was ungewöhnlich für eine Familie
österreichisch-deutscher Abstammung war. Die
meisten Frauen meiner Familie waren klein und
gut beieinander. Zwei kleine Diamanten
steckten in ihren Ohren. Sie trug nie anderen
Schmuck, außer einer diamantenen
Haarstecknadel, und für Schminke hatte sie
keinen Sinn. Sie wählte Spatzenfarben - grau,
braun oder gelegentlich blau für ihre
geschneiderten Kleider. Ihre Garderobe war
„Englisch“. So wurden maßgeschneiderte
Tweedkostüme und bis zum Hals zugeknöpfte
Hemdblusen genannt. Ihre Hüte waren niemals
mit Schleiern, Federn oder Blumen geschmückt,
wie die vieler anderer Damen. Im Gegenteil, sie
waren aus Filz, und ab und zu band sie sich
sogar einen Schlips um. (...) Oma Luise war
eine geborene Administratorin, zu einer Zeit als
weibliche Administration die häusliche Grenze
nicht überschritt. Sie schmiss den Haushalt, als
ob es ein königlicher Landsitz wäre, der darauf
vorbereitet sein musste, wichtige Würdenträger
aus der ganzen Welt zu empfangen. Allerdings
kam kaum jemand irgendwann in die Bergstraße
Nr. 16. An allen Aktivitäten, geschäftlichen
ebenso wie gesellschaftlichen, nahmen nur
Verwandte teil. Wenn meine Großeltern großen
Einfluss ausübten, so ging der nicht über die
Grenzen der Familie hinaus."
(On the Way to Feed the Swans, 1982)